Ä Tännschen, please
Die Geschichte zum Christbaum
Regionalität, kurze Transportwege und umweltschonender Anbau spielen auch für viele Menschen beim Christbaumkauf an Weihnachten eine wichtige Rolle. Schon seit Jahrzehnten setzen Landwirte aus dem Dreisamtal auf Christbaumkulturen als ein zusätzliches Standbein. Einer von ihnen ist Bernhard Schuler vom Domilishof in Stegen-Eschbach. Er baut seit 45 Jahren Nordmanntannen an.
Vor dem Domilishof in Stegen-Eschbach stehen sie in großer Zahl. Nordmanntanne neben Nordmanntanne, in den unterschiedlichsten Größen. Da fällt die Wahl schwer. Ein älteres Ehepaar fährt vor, er hat einen Zollstock dabei. „Was suchen Sie, soll er eher groß oder klein sein?“, fragt Gertrud Schuler. Schön soll er sein, wie jedes Jahr, lautet die augenzwinkernde Antwort.
Baum pflanzen, zehn Jahre warten, fällen, verkaufen, schmücken: Ungefähr so stellen sich die Kunden das vor. Damit aus einem kleinen Bäumchen ein stolzer Christbaum wird, ist jedoch einiges an Handarbeit und außerdem tierische Unterstützung nötig. Die Christbaumkultur der Schulers besteht aus mehreren Flächen rund um den Domilishof im Eschbacher Ortsteil Reckenberg in 400 bis 600 Metern Höhe, die meisten in Steillage. Nordmanntannen unterschiedlichen Alters wachsen dort.
Wo in diesem Jahr Bäume geschlagen werden, pflanzen die Schulers im kommenden zeitigen Frühjahr neue an. Mit der Wiedehopfhaue hacken Bernhard Schuler und sein Sohn Stefan, der den Hof inzwischen von den Eltern übernommen hat, die Pflanzlöcher in den felsigen Boden. Sie pflanzen jeweils eine kleine Nordmanntanne pro Quadratmeter ein. Die etwa drei Jahre alten und 20 Zentimeter hohen Jungbäume beziehen Schulers über den Christbaumverband Baden-Württemberg aus Baumschulen in Norddeutschland oder Dänemark. Die Christbaumflächen sind mit Zäunen vor Wildverbiß geschützt.
Damit die Bäume nicht von Unkraut überwuchert werden, setzt Familie Schuler nicht – wie viele andere - auf Spritzmittel, sondern auf ihre Scropshire-Schafe. Die schottischen Schafe sind nicht nur eine gute Fleischrasse, siehe haben eine weitere Eigenschaft: Im Unterschied zu allen anderen Rassen fressen sie keine Triebe von Nadelbäumen ab. „Im Mai, wenn der Trieb schießt, sollte man die Schafe allerdings nicht in die Kultur lassen, sonst besteht die Gefahr, dass Triebe abbrechen“, sagt Bernhard Schuler. Damit der Haupttrieb nicht zu stark wächst und die Nordmanntanne eine kompakte Form behält, wird er im Mai mit einer Spezialschere eingezwickt, damit nicht so viel Saft nach oben schießt. Nach vier bis fünf Jahren werden die Tannen unten am Stumpf beschnitten, bei dieser Gelegenheit werden auch die Äste zurückgenommen, die zu lang sind. „Der Trend geht eindeutig zum buschigen Wuchs, allerdings sollen die Bäume nicht so breit sein, weil in den Wohnzimmern heutzutage nicht mehr so viel Platz ist“, weiß Bernhard Schuler.
Die Nordmanntanne zeichnet sich durch dunkelgrüne, weiche, glänzende Nadeln aus, hat einen pyramidalen Wuchs und etagenförmig angeordnete Zweige. Der Marktanteil der Nordmanntannen liegt bei gut 75 Prozent, ist beim Christbaumverband Baden-Württemberg zu erfahren. Der Verband hat etwa 180 Mitglieder, die auf einer Fläche von etwa 1600 Hektar Christbäume anpflanzen. Der überwiegende Teil der Mitglieder bewirtschaftet Flächen unter zehn Hektar.
Geschlagen werden die Nordmanntannen auf dem Domilishof erst ab Ende November. Wenngleich Schnee den Christbaumverkauf erst so richtig romantisch macht, sind Schulers froh, wenn sie die Bäume fällen können, so lange noch kein Schnee liegt. An den Adventswochenenden ist der Christbaumverkauf jeweils ab Freitag möglich. Auch wer seinen Baum selbst schlagen möchte, kann das tun. „Gerade für Familien mit Kindern ist das ein tolles Erlebnis“, sagt Stefan Schuler.
Viele von Schulers Kundinnen und Kunden sind Stammkunden, sie verbinden einen Ausflug ins Dreisamtal gerne mit dem Christbaumkauf. Seit Jahren kommen der Christbaum in der Freiburger Johanneskirche und der vor der Kirche aus Schulers Wald. Auch verschiedene Schulen, Pflegeheime und Hotels beziehen ihre Christbäume von Familie Schuler. Selbst wer spät dran ist, wird bei Schulers fündig werden, ob erst an Heiligabend oder nach Weihnachten. Im vergangenen Jahr hat Bernhard Schuler den letzten Christbaum an Silvester verkauft: An einen orthodoxen Christen. Die Orthodoxen feiern Weihnachten am 7. Januar.
- Gabriele Hennicke